Wie junge Frauen in Burkina Faso zu Unternehmerinnen werden
01 Dezember 2024 18:49
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Vor 16 Jahren wurde ich von der Schweizer Entwicklungshilfeorganisation swisscontact angefragt, ob ich in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, mein Wissen als Maskenbildnerin weitergeben würde. Da Burkina Faso alle zwei Jahre das grösste afrikanische Filmfestival beherbergt und Know-how im Bereich Filmmaske fehlte, sagte ich zu und begab mich auf eine Reise, die auch heute noch nicht zu Ende ist. Zum ersten Mal wurde ich mit so viel Armut, aber auch mit so viel Herzlichkeit und Dankbarkeit konfrontiert. Deshalb war für mich klar, dass ich diese Menschen und insbesondere meine Freundin und Direktorin einer Schneiderinnenschule, Safi Ouattara Diallo, nicht im Stich lassen konnte. Gleichzeitig wusste ich, dass nur ein nachhaltiges Konzept langfristigen Nutzen bringt. Deshalb gründete ich nach meiner Rückkehr den Förderverein Nas Mode und unsere Erfolgsgeschichte konnte beginnen …
Perspektiven dank einer Ausbildung zur Schneiderin, Coiffeuse oder Kosmetikerin in Burkina Faso
In Burkina Faso, einem der ärmsten Länder der Welt, haben Frauen oft nur begrenzten Zugang zu Bildung und beruflichen Möglichkeiten. Doch gerade in Berufen wie Schneiderei, Coiffure und Kosmetik steckt grosses Potenzial, Frauen wirtschaftlich zu stärken und sie auf ihrem Weg zur eigenen Unabhängigkeit zu unterstützen. Unser erfolgreiches Projekt Nas Mode zeigt, wie gezielte Förderung in diesem Bereich positive Veränderungen bewirken kann.
Aus einer kleinen Schule wurde ein Lebensraum
Angefangen hat das Projekt als kleine Schule für Schneiderinnen in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso. Nach einem Weiterbildungsauftrag im Jahr 2008 habe ich die Schule zusammen mit meiner afrikanischen Partnerin und Freundin Safi Ouattara Diallo auf eine professionelle Basis gestellt und mit den Bereichen Coiffure und Kosmetik erweitert. Der Förderverein Nas Mode hat in den letzten 16 Jahren eine neue schulische Infrastruktur samt Ateliers, ein Internat sowie Kinderbetreuungsangebote und eine Küche für aktuell 300 Schülerinnen sowie 50 Lehrpersonen und Betreuende finanziert. Ziel war es, Frauen im Alter von 14 bis 30 Jahren eine berufliche Qualifikation zu ermöglichen, die ihnen in Burkina Faso dank reger Nachfrage eine wirtschaftliche Perspektive bietet.
Eine solide Berufsausbildung bildet die Basis
Die Teilnehmerinnen erhalten eine zwei- bis dreijährige professionelle Ausbildung, die sowohl handwerkliche als auch unternehmerische Fähigkeiten umfasst. Schneiderinnen können am Schluss Kleidungsstücke entwerfen und herstellen, während Coiffeusen Frisiertechniken, Haarpflege und Styling erlernen. Die Kosmetikerinnen sind auf Hände, Füsse und Gesicht spezialisiert, die im staubigen Klima besonderen Belastungen ausgesetzt sind.
Mentoring und Startkapital ebnen den Weg in die Selbstständigkeit
Nach der Ausbildung werden die Frauen von erfahrenen Berufsleuten aus der Schule weiterbetreut. Unsere Mentoren geben nicht nur fachliche Ratschläge, sondern unterstützen auch beim Aufbau eines eigenen Geschäfts.
Jede erfolgreiche Absolventin erhält von uns auf Anfrage ein Starterpaket mit den grundlegenden Arbeitsmaterialien wie Nähmaschinen, Stoffe, Friseur- oder Kosmetikzubehör. Dies ermöglicht den Frauen, nach der Ausbildung und einem Praktikum in einem schuleigenen Praxisbetrieb ihre eigene Tätigkeit unter Begleitung aufzunehmen.
Die Schülerinnen wachsen zu selbstbewussten Frauen in der Gesellschaft heran
Um die gesellschaftliche Stellung der Frauen zu fördern, umfasst unser Schulstoff auch Aspekte wie Familienplanung, Aufklärung und die Förderung von Gesundheit und guter Ernährung. Wissen, Können, Selbstbewusstsein und Gesundheit sind die Basis für wirtschaftliche Unabhängigkeit und Durchhaltewillen.
80 Prozent der Absolventinnen können nach der Ausbildung ein eigenes Einkommen erzielen. Viele eröffnen kleine Ateliers, Salons oder Shops und werden zu wichtigen Akteurinnen in ihrer Familie und Gemeinschaft. Die meisten Frauen berichten, dass sie durch die Ausbildung und ihre Arbeit wesentlich mehr Selbstvertrauen gewonnen hätten. Sie werden als gleichwertige Mitglieder ihrer Gemeinschaft wahrgenommen und können auch ihre Familien finanziell unterstützen.
Einige Absolventinnen stellen später selbst Lehrlinge ein, wodurch ihr erworbenes Know-how weitergegeben wird und noch mehr Frauen von ihrem Wissen profitieren.
Der Betrieb und die Verantwortung vor Ort sind fest in afrikanischer Hand
Das Projekt stösst natürlich immer wieder auf Herausforderungen. Diese können jedoch dank der klaren Rollenteilung zwischen Safi und mir meist rasch gelöst werden. Zentral ist dabei, dass der Betrieb und die Verantwortung vor Ort ausschliesslich in afrikanischen Händen liegen und ich neben der Zuständigkeit für die Mittelbeschaffung vor allem als persönliche Beraterin und Coach von Safi funktioniere. Dank unserer Zielstrebigkeit und fast 2000 erfolgreichen Abschlussdiplomen wurde unsere Schule Nas Mode in den letzten Jahren zu einem landesweiten Vorzeigeprojekt, für das wir bereits mit mehreren Anerkennungsorden ausgezeichnet wurden.
Das passiert, wenn Frauen eine solide Basis haben ...
Das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie gezielte Bildungs- und Fördermassnahmen das Leben von Frauen in Burkina Faso nachhaltig verbessern können. Die Kombination aus beruflicher Qualifikation, Mentoring und finanzieller Starthilfe schafft die Grundlage für wirtschaftliche Unabhängigkeit und soziale Integration. Nas Mode ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Frauen durch ihre eigene Stärke und den richtigen Support eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien erreichen können.
Nas Mode ist auf Spenden angewiesen
Das Projekt kann nur existieren und überleben, wenn Menschen uns vertrauen und unterstützen. Hier sind Möglichkeiten für ein Engagement aufgeführt. Bei Fragen bin ich etwa per Mail erreichbar. Oder Sie besuchen mich in Steckborn – in meinem Restaurant Wohnbeizli oder in meinem Laden Schönes zum Wohnfühlen – und wir tauschen uns persönlich aus.
Bea Petri ist Maskenbildnerin für internationale Film- und Fernsehproduktionen. Als Gründerin der schminkbar ag sowie des Fördervereins Nas Mode wurde sie 2012 als Schweizer Unternehmerin des Jahres ausgezeichnet.