Smarte Investments setzen auf Geschlechtervielfalt

03 März 2025 15:17

Frauengeführte Unternehmen erhalten chronisch zu wenig Kapital – und liefern dennoch überdurchschnittliche Ergebnisse. Für Patricia M. Montesinos wird geschlechterdiverses Investieren zum Erfolgsfaktor der Zukunft. Die Gründerin und Präsidentin der Denkfabrik FE+MALE ist überzeugt, dass die Schweiz dabei eine führende Rolle übernehmen kann.
von Patricia M. Montesinos

Frauengeführte Unternehmen gehören zu den vielversprechendsten Treibern der globalen Wirtschaft, sind jedoch chronisch unterfinanziert. Obwohl es überzeugende Nachweise dafür gibt, dass geschlechterdiverse Teams überdurchschnittliche finanzielle Rendite erwirtschaften, fliesst nur ein Bruchteil des Venture-Kapitals in Start-ups von Gründerinnen. In der Schweiz sind es nur 2 Prozent. Doch wechseln wir die Perspektive: Diese Unterfinanzierung ist in Wirklichkeit kein Hindernis oder Rückschlag, sondern eine massive Chance. Deutlich wird das anhand der Schätzung, dass 57 Milliarden Dollar an ungenutztem Wirtschaftspotenzial vor uns liegen. Die Investierenden übersehen somit eines der lukrativsten und einflussreichsten Marktsegmente.
 

Die Daten sprechen für sich

In frauengeführte Unternehmen zu investieren, ist keine Gefälligkeit, sondern eine strategische Entscheidung. Die Finanzargumente sind grundsolide:

  • 16 Prozent höhere Rendite: Gender-diverse Führungsriegen korrelieren mit höherer Rendite (BCG).
     
  • Aus einem investierten Dollar werden zwei: Von Frauen geführte Unternehmen erzielen deutlich mehr Umsatz in Bezug auf das investierte Kapital (McKinsey).
     
  • Finanzierungslücke: Frauen gründen überdurchschnittlich renditestarke Start-ups, erhalten aber im Durchschnitt nur 935'000 Dollar – Männer mehr als doppelt so viel.
     

Wenn Frauen gleichberechtigten Zugang zu Kapital haben, blüht die Wirtschaft auf. Stellen Sie sich vor, welches Wirtschaftswachstum und welche Innovationen möglich wären, würde dieser Vorteil in der Schweiz erkannt.

Es ist klar: Das ökonomische Potenzial, in frauengeführte Start-ups zu investieren, ist riesig und gleichzeitig eine verpasste Chance für alle Investierenden, die diese Bevölkerungsgruppe weiterhin übersehen. Die Frage, ob wir in frauengeführte Start-ups investieren sollen, ist beantwortet. Jetzt heisst es: Wie schnell können wir das Kapital so verteilen, um das Potenzial zu heben?
 

Marktverschiebung: Smarte Investierende weisen den Weg

Die Landschaft verändert sich. Smarte Investierende haben bereits erkannt, dass Diversität mehr ist als Nice-to-have, nämlich ein Schlüssel zu Profitabilität und Risikominimierung.

  • Family Offices & institutionelle Anlegende: Diese Gruppen verwalten sehr grosse Vermögen und sind in der Lage, Kapital in leistungsstarke, geschlechter-diverse Unternehmen zu lenken.
     
  • Eine 50-Billionen-Dollar-Transformation: Zwischen den Generationen findet gerade der umfangreichste Wohlstandstransfer aller Zeiten statt. Insgesamt geht es um 50 Billionen Dollar. Und die kommenden Investierenden setzen neue Schwerpunkte – sie achten auf Diversität im Speziellen und generell auf ESG-Kriterien – also Faktoren der Bereiche Umwelt, Soziales und Führungskultur.

Dieser Wandel ist unvermeidlich. Wer bei seinen Investitionen Geschlechtervielfalt ignoriert, riskiert, überholt zu werden. Die Chancen sind offensichtlich: Es ist Zeit, sie zu nutzen.
 

Perspektivwechsel: Vorurteile ablegen und Investmentmodelle überdenken 

Jetzt müssen tief verwurzelte geschlechtsspezifische Vorurteile überwunden werden, die die Verteilung von Kapital immer noch prägen. Dabei sind es oft unbewusste Vorurteile, die frauengeführten Unternehmen die Chance rauben, Mittel zu erhalten, die sie verdienen. Traditionelle Investmentmodelle klammern die aussergewöhnlichen Stärken von Gründerinnen aus. Fordern Sie diese veralteten Normen heraus, überdenken Sie Ihren Umgang mit Risiken und entwickeln Sie neue Investmentstrategien, die Diversität zur Priorität machen.

Indem wir diese Vorurteile bekämpfen, können wir grosses ungenutztes Potenzial freisetzen. Investierende haben dabei die seltene Chance, wegweisend Grenzen zu überwinden und ein inklusiveres, innovativeres Finanz-Ökosystem zu gestalten. 


Kollaboration ist Trumpf

Die Zukunft des Investierens ist zweifellos inklusiv. Doch es liegt schon in der Natur der Sache, dass dieser Prozess nicht im Alleingang zu meistern ist. Es braucht Kollaboration zwischen privater Investorenschaft, Führungspersonen aus der Politik und von Stiftungen. Schlüsselfiguren aus diesen Bereichen müssen zusammenarbeiten, um eine Dynamik anzustossen. Es ist wichtig, immer mehr Führungskräfte zu überzeugen, besonders starke Wachstumsmöglichkeiten zu entdecken und zu erreichen, dass Inklusion im Finanzwesen zum neuen Standard wird.

Das Thema ist heute zu einer globalen Bewegung geworden. Und die Schweiz kann viel bewirken. Mit ihrem einzigartigen Finanzökosystem und Innovationsgeist hält sie alle Karten in der Hand, um international neue Massstäbe für inklusive Investitionen zu setzen. Investierende, die sich heute für Geschlechtsdiversität einsetzen, werden morgen den Markt anführen. Break Bias, Boost Business!

Die Frage ist: Sind wir bereit, diesen Wandel anzuführen?

Die Initiative Beat Funding Bias BFBI, die von der Standortförderung des Kantons Bern, der Gebert Rüf Stiftung und der Ernst Göhner Stiftung unterstützt wird, weist hierfür den Weg. Sie gibt Investierenden und Unternehmern sowie deren Ökosystemen Instrumente an die Hand, die die Entscheidungsfindung verbessern.


Patricia M. Montesinos ist die Hauptinitiatorin und Präsidentin der Denkfabrik FE+MALE  und unterstützt aktiv weibliches Unternehmertum. Sie ist Unternehmerin, Business Angel und Start-up-Coach. In der Vergangenheit hatte sie verschiedene Führungspositionen in Unternehmen in Spanien und Dänemark inne.