Gründen aus dem Stand!
02 Juni 2025 13:05
34 Prozent der Frauen in der Schweiz wollen ein eigenes Unternehmen gründen. Das ist ein Ergebnis aus der Studie von Mastercard zum Internationalen Frauentag 2025. Die Generation der Millennials – geboren zwischen 1981 und 1995 – bildet dabei den grössten Anteil, der am Unternehmertum Interessierten, gefolgt von der zwischen 1966 und 1980 geborenen Vertreterinnen der Gen X und denjenigen der Gen Z, die zwischen 1996 2009 auf die Welt kamen.
Immer mehr Frauen gründen eine eigene Firma
Das bestätigt der Länderbericht Schweiz 2023/2024 des Global Entrepreneurship Monitor (GEM). So waren 2022 bei knapp der Hälfte aller Firmengründungen in der Schweiz (46,7 Prozent) eine oder mehrere Frauen beteiligt.
Typische Motive für die berufliche Selbstständigkeit sind: Finanzielle Unabhängigkeit, etwas bewegen können, eigene Fähigkeiten und Ideen bestmöglich ein- und umsetzen können, die mit dem persönlichen Wertesystem kompatibel sind.
Zu den Herausforderungen gehören der Zugang zur Finanzierung, eine projektbezogene Unterstützung und oftmals die Vereinbarung von Familie und Arbeit. Wie wäre es, wenn es eine Gründungsstrategie gäbe, die diese Motive berücksichtigt und die Herausforderungen meistern würde?
Als Franchisenehmerin gründen
Franchise- und Lizenzsysteme können interessante Alternativen sein, um sich beruflich selbstständig zu machen. Beim Franchising werden in der Regel die Nutzungsrechte für ein Geschäftskonzept, als eine „schlüsselfertige Existenz“ auf Zeit, gegen Entgelt angeboten. Gründerinnen werden in der Aufnahme ihrer selbstständigen Tätigkeit unterstützt und erhalten fortlaufenden betriebswirtschaftlichen und marketingspezifischen Support. Der Vorteil, mit Unterstützung sicherer zu gründen und zu wachsen, wird mit einmaligen Eintritts- sowie monatlich folgenden Franchise-Gebühren erkauft. Im Rahmen von jährlichen Meetings und anderen gemeinschaftlichen Zusammenkünften kooperieren Franchisenehmerinnen mit Gleichgesinnten aus anderen Regionen und pflegen einen partnerschaftlichen Austausch von Ideen und Erlebtem auf Augenhöhe. Der Erfolg ist planbarer als bei Einzelgründungen, da ein erprobtes Geschäftskonzept die Basis bildet, die die Finanzierung erleichtert. Die verpflichtenden Vorgaben sind je nach Geschäftstyp sehr unterschiedlich. Fast-Food-Konzepte unterliegen aufgrund des standardisierten Angebotes strengeren Regeln als zum Beispiel personifizierte Dienstleistungskonzepte im Bereich des Coachings, der Entwicklung oder Betreuung.
Was macht Franchising attraktiv für Frauen als Gründerinnen?
- Franchising eignet sich sowohl für den Neuanfang als auch für den beruflichen Wiedereinstieg – das kann speziell für die Gen X wie für Millennials sehr interessant sein.
- Der Einstieg in die berufliche Selbstständigkeit wird unterstützt und ist planbar – das ermöglicht auch den Quereinstieg in neue Berufsfelder.
- Es gibt eine grosse Bandbreite an Geschäftskonzepten, die verschiedenen Anforderungen hinsichtlich des zeitlichen Einsatzes, finanzieller Mittel und persönlicher Fähigkeiten gerecht wird.
- Der Austausch seitens der Franchisegeberin oder des Franchisegebers mit den Franchisenehmerinnen ermöglicht letzteren die Teilhabe an der Weiterentwicklung des Systems und ist speziell erwünscht.
- Entwicklungsmöglichkeiten in Bezug auf Wachstum können ausgeschöpft werden, indem die Rechte für weitere Standorte oder Regionen erworben werden, etwa als Multi-Unit-Partnerin oder Area-Development-Partnerin. Ein Beispiel: Die Frauenfelder Unternehmerin Sandra Freund gründete 2017 die SF Retail AG und lancierte die dänische Franchisemarke Søstrene Grene erfolgreich in der Schweiz mit 13 Standorten.
Welche Superkräfte bringen speziell Frauen fürs Franchising mit?
Teamfähigkeit, Empathie, bedachtsames Handeln und Effizienz sind frauenspezifische Eigenschaften, die in der Franchisekooperation sehr gefragt sind.
Gründerinnen als Lizenznehmerinnen
Lizenzkonzepte sind die reduzierte Version eines standardisierten Konzeptes. Oftmals richten sich solche Angebote an bestehende Selbstständige respektive Unternehmen, die ein zusätzliches Sortiment, eine Methode, ein Teilkonzept oder Ähnliches integrieren wollen. Hier besteht für Gründerinnen die Möglichkeit, das eigene Geschäftskonzept auszubauen, zu komplettieren, attraktiver zu machen. Das können kostenfreie Open-Source-Modelle sein wie LEGO SERIOUS PLAY, eine Kreativitätstechnik für Teambildung, Innovationsprozesse, strategische Planungen. Seit 2010 verlangt Lego keine Lizenzgebühren mehr, gibt aber Richtlinien zur Markendarstellung und zum Materialeinsatz vor.
Die Schweizerin Benita Cantieni hat die Trainingsmethode CANTIENICA® Körper in Evolution entwickelt und bietet seit 2019 Lizenzen an. Die über 400 Lizenznehmenden durchlaufen modular aufgebaute, kostenpflichtige Ausbildungen nach einem ausgeklügelten Plan. Auch im Bereich der Lizenzen ist die Auswahl und Grössenordnung sehr variantenreich.
Was macht die Lizenzierung attraktiv für Frauen als Gründerinnen oder Unternehmerinnen?
- Die Möglichkeit, ein zweites Standbein mit neuen, anderen und mehr Zielkunden aufzubauen und damit mehr Umsatz beziehungsweise Gewinn zu generieren.
- Einen Neuanfang zu wagen, wenn das eigene Konzept zum Beispiel veraltet ist.
- Wenn eine berufliche Selbstständigkeit als flexibles Teilzeitmodell realisiert werden soll.
- Wenn eine zusätzliche Marke frischen Wind in die eigene Motivationslage und ins Geschäft bringen soll.
Am 09. Sepetmber 2025 findet das VFUlab 2025 unter dem Motto Wir können alles – auch wachsen! im GDI Gottlieb Duttweiler Institut statt. Hier biete ich einen Workshop an mit dem Titel „Eigene Wachstumspotenziale erkennen & heben – durch Franchise Thinking“. Dabei stelle ich ins Zentrum, Wachstumspotenziale des eigenen Geschäftsmodells oder von Teilen zu erkennen und zielorientiert weiterzuentwickeln.
Prof. Veronika Bellone ist seit 1986 im Franchise-Business tätig. Sie startete als Franchisemanagerin bei der Cosy-Waschanlagen GmbH in Berlin. 1991 gründete sie ihre eigene Franchiseberatung in der Schweiz. Zu ihren Referenzkunden zählen unter anderem ACCOR, Bionic Sportstudios, Rüegg Cheminée Schweiz, Schweizer Post, SPAR oder auch Valora. Veronika Bellone ist zudem Initiantin des Greenfranchising und Jurymitglied für die Vergabe des Nachhaltigkeitspreises des Deutschen Franchiseverbandes, Referentin beim Verband Swiss Distribution, Professorin für Marketing an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und Autorin diverser Fach- und Sachbücher.