Geheimnisse über Frauen
02 Mai 2024 12:24
Sie hat gekündigt. Schon wieder hat eine vielversprechende junge Frau ihre Stelle gekündigt. Und die Vorgesetzten verstehen die Welt nicht mehr. Es gibt Kitaplätze und diese sogar fast gratis. Die Mitarbeitenden dürfen Homeoffice machen. Vaterurlaub ist erwünscht. Teilzeit selbstverständlich. Coaching-Stunden inbegriffen. Diversität nicht nur auf dem Papier, sondern auch umgesetzt. Es hat also auf allen Stufen Kolleginnen. Lohngleichheit eingehalten. Sexismus? Fehl am Platz. Und doch kündigt wieder eine Kaderfrau.
Was ist da los? Vielleicht lächelt jetzt die eine oder andere Leserin über diese geschilderte Situation. Und vermutet wahrscheinlich schon die Lösung. Über was ich schreibe, ist keine Fiktion, sondern bitterer Alltag, den sehr viele Frauen sofort bestätigen. Es ist das Gegenteil von Sisterhood, Frauensolidarität und Emanzipation. Es ist die Super-Intrige. Die Gemeinheiten, die sich Frauen über Frauen ausdenken, herumerzählen, behaupten, lügen. Aus Neid, Eifersucht und zum Teil aus reiner Boshaftigkeit. Das Resultat ist fast immer das gleiche. Das Opfer geht. Still, manchmal gebrochen, manchmal ernsthaft krank. Die Intrigantin bleibt und triumphiert. Häufig bleibt sie unentdeckt, agiert unter dem Radar der Vorgesetzten. Manchmal sogar unter dem Schutz eines noch grösseren Intriganten.
Warum machen das Frauen? Warum helfen sie sich nicht gegenseitig? So wie das Männer machen: Du machst mir hier einen Gefallen, ich öffne dir im Gegenzug eine Türe.
Frauen kommen nicht auf die Idee, dass es nur ein Spiel ist.
Eine Theorie ist, dass Jungs ziemlich schnell kapieren, dass man elf Spieler braucht, um ein Fussballmatch auszutragen. Das funktioniert bei Frauen selten. Wenn es nicht die besten Freundinnen aller Freundinnen sind, und ich rede wirklich von den besten, allerliebsten, vertrautesten und langjährigsten, kommen die gar nicht in Frage. So – und welche Frau hat zehn Freundinnen, die diesen genannten Kriterien entsprechen? Fast keine. Frauen kommen nicht auf die Idee, dass es nur ein Spiel ist, dass man nach dem Bier etwas rumblödelt und dann jeder seines Weges geht.
Eher grenzt man eine Frau aus, weil sie einem nicht gefällt, nicht die richtigen Klamotten anhat, einem nicht geschmeichelt hat, oder sonst eine – für Männer (und ich schreibe explizit Männer) nicht erkennbare – harmlose Attitüde drauf hat. Frauen werden von anderen Frauen weggeekelt, weil sie zu erfolgreich, zu attraktiv, zu intelligent, zu sympathisch sind. Frauen haben vor Frauengruppen mehr Angst als vor Männern.
Suchen Sie die Bienenköniginnen und zeigen Sie Grenzen auf.
Wir könnten noch ein paar weitere Theorien erörtern, aber das würde den Rahmen sprengen. Viel wichtiger ist es, was insbesondere Führungspersonen unternehmen können, um solche toxischen Situationen zu verhindern.
- Bienenköniginnensyndrom: So nennt man Frauen, die explizit keine Frauen neben sich dulden, weiblichen Nachwuchs verhindern und hyperkritisch gegenüber Frauen sind. Sie wollen keine möglichen Konkurrentinnen neben sich. Suchen Sie nach Bienenköniginnen im Unternehmen. Fordern Sie das Gespräch ein, setzen Sie Grenzen, exekutieren Sie, wenn es so bleibt. Falls Sie das als zu brutal empfinden: Denken Sie daran, Sie haben es mit einer Königin zu tun und Sie beide spielen Schach.
- Wenn die eingangs geschilderte Situation eintritt: Beobachten Sie, wer sich am meisten freut und profitiert. Greifen Sie durch, wie unter erstens. Ansonsten geht es weiter und Sie können die ganze Arbeit und Bemühungen für Diversität und Frauenförderung kippen.
- Wenn es der x-te Abgang einer Frau ist: Suchen Sie den Kontakt zu der ehemaligen Mitarbeiterin und fragen Sie nach den wirklichen Gründen. Vielleicht erzählt sie es Ihnen.
- Fördern Sie weiter Frauen. Es gibt viele Frauen, die das Prinzip eines erfolgreichen Mannschaftssports schätzen und ihr Bestes geben.
Riccarda Mecklenburg ist Präsidentin des Verbands Frauenunternehmen (VFU) und Gründerin des Unternehmens CrowdConsul.ch, das Projekte im Crowdfunding und Crowdinvesting unterstützt. Zudem coacht sie Start-ups für die strategische Firmenentwicklung und ersten Finanzierungen.