Landwirtschaftspolitik des Bundes führt tiefer in der Sackgasse

27. Juni 2022 10:12

Die Landwirtschaft sollte konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein, schreibt Alain Schilli. Diese Nachhaltigkeit sollte den Bauern auch vergütet und den Konsumierenden klar kommuniziert werden. Die Landwirtschaftspolitik des Bundes dagegen biete kein Zukunftsmodell.

von Alain Schilli

Essen und Nachhaltigkeit liegt mir am Herzen. Es braucht verantwortungsvolles Bauchgefühl und Handeln von allen Akteuren. Ich sehe vier zukunftsorientierte Stossrichtungen:

1. Die Ökosystemleistungen und Mehrwerte (zum Beispiel Biodiversität, Landverbrauch) werden mit den richtigen finanziellen Vorzeichen in den Produktepreis integriert. Fehlanreize und Zielkonflikte durch Direktzahlung und Subventionen sind zu eliminieren.

2. Die Schweizer Grossverteiler vergüten diese Mehrwerte den Bauern (zum Beispiel CO2-Senkenleistungen, Verzicht auf Pestizide, Energieeffizienz, Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit und Nähstoffverfügbarkeiten). Diese finanziellen Mehrwerte werden gegenüber den Konsumenten transparent kommuniziert. Damit erkennt der Konsument, wie er einen finanziellen Anreiz für verantwortungsvolle Bauernbetriebe und Nahrungsmittelverarbeiter leistet. Vermeidung von intransparenter Margenoptimierung auf Kosten der Konsumenten.

3. Die Ernährungspyramide auf die menschliche Gesundheit und in Bezug auf Ressourcen zukunftsfähig ausrichten. Mehrheitlich pflanzenbasierte Ernährung ist die Basis. Mit positivem Effekt auf die Reduktion der Gesundheitskosten.

4. Der Bund, die Grossverteiler und Nahrungsmittelproduzenten klären auf und kommunizieren faktenbasiert gegenüber den Konsumenten. Auch die Branchenverbände können Verantwortung übernehmen. Es gilt die Zusammenhänge der Wertschöpfungsketten aufzuzeigen, was tiergerechte Haltung bedeutet oder den Einfluss auf menschliche Gesundheit. Die Milchwirtschaft alimentiert die Fleischwirtschaft. Die realitätsferne Werbung für Milchprodukte oder die «Jöö»-Werbung mit glücklichen Tieren auf Biobauernhöfe ist zu unterlassen. Das hilft auch den engagierten Bauern, den Ansprüchen der Konsumenten besser gerecht zu werden – oder anders ausgedrückt, keine falschen Erwartungen werden geschürt.
 

Alain Schilli, Umweltökonom und Biologe, ist Inhaber von Magnefico GmbH und Mitgründer von Shift Switzerland als Teil von Circular Economy Switzerland. Er ist als Unternehmer, Start-up-Mentor und Advisor tätig, mit Fokus auf internationale Unternehmensentwicklung, Impact Reporting, naturinspirierte Innovation, Sustainable und Carbon Finance, dies in Sektoren wie Energie, Chemie, Landwirtschaft und Rohstoffe. 

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